Schon drei Wochen und zwei Tage ist Eva tot.
Irgendwie funktioniere ich, aber ich stehe irgendwie neben mir. Dinge, die mir gesagt werden, speichert mein Kopf nicht ab, sie sind weg in dem Moment, wo ich sie gehört habe.
Andererseits funktioniere ich. Direkte Anforderungen setze ich um, aber schon am nächsten Tag weiß ich nicht mehr, ob ich es getan habe oder nicht.
Luftleerer Raum, das sagt eigentlich alles. Ich bin auf Rettungsseile angewiesen. Zum Glück bekomme ich diese, von meinen Schwestern, von Kollegen.
W. schwebt auch in einer Blase. Er rettet sich mit Kontrolle. Alles wird kopiert, verteilt, geregelt, geplant. Solange, bis alles läuft, hat er Halt. Aber was kommt dann? Irgendwann gibt es nichts mehr zu regeln, zu organisieren, zu planen. Ich mache mir seinetwegen Sorgen.
Immer wieder habe ich Momente, in denen ich weine. Schon davor bin ich nicht ansprechbar und danach auch nicht. Ich ziehe mich zurück. Kann mich nicht aus dieser Trauer lösen und reagiere gereizt, wenn mich jemand anspricht. Ich möchte der Trauer Raum geben, aber oft muss ich zurück stecken, weil es gerade nicht passt. Das ist schwer. Ich weine allein und zerbreche innerlich.
Heinz ist mit Eva ins Krankenhaus gebracht worden. Der Sozialdienst veranlasste eine Verlegung in eine Kurzzeitpflege. Nach Evas Tod kam er dort hin. Uns stellte sich nun die Frage, wie es mit Heinz weiter gehen sollte. Evas Wunsch war, dass er zu Hause bleiben sollte. Sie hat uns das Versprechen abgenommen, dass er nicht ins Pflegeheim kommt.
Neben der Organisation von Evas Beisetzung haben wir eine 24-Stunden-Betreuung mit einer polnischen Kraft organisiert. Nachdem Heinz drei Wochen im Pflegeheim war, haben wir ihn nach Hause geholt.
Im Pflegeheim war er umgänglich, hat sich wohl gefühlt. Es gab viele positive Kontakte zu anderen Bewohnern.
Er hat sich gefreut, wieder zu Hause zu sein. Die Betreuerin Ewa hat er positiv angenommen. Allerdings hat er wohl erwartet, dass sie genau wie seine Frau ständig präsent ist. Das war nicht so, da Ewa ihre freie Zeit natürlich ohne Heinz verbracht hat.
Das hat ihn irgendwie geärgert und er wurde erst nur verbal gewalttätig und dann auch physisch. Er hat Ewa mit Fäusten von hinten attackiert, als sie flüchtete, ist er ihr hinterher und hat einen Stuhl gegriffen, um sie zu attackieren. Sie ist dann zum Nachbarn geflüchtet, hat ihre Vermittlung informiert. Diese hat dann Montag mittag Schatz informiert, dass Ewa nachmittags um 16 Uhr wieder nach Hause fahren würde.
Schatz hat dann organisiert, dass Heinz am nächsten Tag wieder in die Pflegestation aufgenommen wird. Er hat Ewa zum Bus gebracht. Dann hat er Koffer gepackt und ins Auto geschafft. Er hat Essen für Heinz gemacht und ist bis spät abends da geblieben.
Heinz war die Nacht allein.
Am nächsten Morgen war Schatz früh bei Heinz, hat noch Kulturtasche usw. gepackt und ins Auto gebracht. Dann ist er mit Heinz auf den Friedhof gefahren. Heinz hat wieder sehr geweint, aber er sprach von der Oma, seiner Mutter, die auch dort beerdigt wurde. Sicher ist, dass er sich allein gelassen fühlt. Aber ob er wirklich weiß, dass seine Frau, mit der er 58 Jahre verheiratet war, gestorben ist, ist fraglich. Er erinnert noch schemenhaft seine Mutter, das Haus aber sonst nichts mehr. Geschwister, Kinder, Freunde - alles ist weg.
Seit Dienstag ist er wieder in Riehl. Ab Samstag gibt es eine neue 24-Stunden-Pflege. Diesmal ein Mann, Igor. Außerdem haben wir auf Anregung durch den Pflegedienst ein dämpfendes Medikament vom Arzt verschrieben bekommen. Das soll den Nachtschlaf fördern und die Aggressivität dämpfen.
Mal sehen, ob es was bringt.
Da Heinz sich im Pflegeheim schon nach kurzer Zeit gut eingelebt hat, suchen wir jetzt nach einem Langzeitpflegeplatz für ihn. Morgen schauen wir uns ein Pflegeheim hier bei uns an und nächste Woche eins in der Nähe. Wichtig ist uns, dass es einen besonderen Bereich für Demenzkranke gibt, in dem speziell geschultes Personal sich um die Patienten kümmert.
Leider ist das Pflegeheim, in dem er zur Zeit ist, extrem teuer und nicht bezahlbar. Wir hoffen, dass er sich in einem anderen Heim auch nach einiger Zeit einlebt.
Seit Anfang Mai leben wir im Ausnahmezustand. Alles rauscht an uns vorbei. So viel zu tun, zu organisieren und es geht immer weiter. Neben Heinz müssen wir uns um die Erbschaft kümmern. Das Amtsgericht hat wegen der Eröffnung der Erbsache einen Fragebogen gesendet, in dem die Erben benannt werden mussten.
So viel Bürokratie. Hin und her mit Pflegekasse, Pflegeheim, Pflegedienst, Pflegevermittlung usw.
Schatz war die letzten beiden Wochen krank geschrieben wegen posttraumatischer Belastungsstörung. Er könnte sich weiter krank schreiben lassen, hat auch das Angebot bekommen, einen Psychotherapeuten aufzusuchen, aber das will er nicht.
Hoffentlich finden wir schnell einen Dauerpflegeplatz. Aber dann gehen die Probleme weiter. Was machen wir mit dem Haus? Vermieten?
Abwarten.
Heute, bzw. gestern (ist ja schon nach Mitternacht) bekam Schatz gegen 11:30 Uhr einen Anruf aus dem Pflegeheim. Die Worte:"Herr W., am Mittwoch Abend hat ihr Vater einen Suizidversuch gemacht."
Wie bitte?
Warum werden wir erst zwei Tage später benachrichtigt?
Diese Frage hat Schatz mehrmals verschiedenen Personen gestellt, mit denen er nacheinander verbunden wurde.
Es hat sich wohl folgendes ereignet:
Die Pflegerin kam in Heinz Zimmer. Das Fenster war zum Stoßlüften geöffnet. Sie wollte ihn wohl bettfertig machen. Heinz wurde aggressiv, erst mit Worten, dann auch tätlich. Inzwischen waren mehrere Pflegepersonen im Zimmer. Heinz hat sich sehr aufgeregt. Er wollte aus dem offenen Fenster springen, was im letzen Moment verhindert werden konnte. Notarzt und Polizei wurden gerufen. Der Notarzt verabreichte Tavor, ein starkes Beruhigungsmittel. Danach entspannte sich die Situation.
Die Frage, warum wir nicht zeitnah benachrichtigt wurden, konnte nicht geklärt werden. Es gab Entschuldigungen.
Die polnische Vermittlungsgesellschaft von Ewa, vertreten durch die deutsche Vermittlungsgesellschaft, möchte von uns eine schriftliche fristlose Kündigung von uns. Die der deutschen Vermittlungsgesellschaft reicht ihnen nicht.
Das Amtsgericht möchte eine Erbenauflistung, damit sie den Erbvertrag eröffnen können.
Die eine Sterbeversicherung möchte ebenfalls eine Erbenauflistung mit prozentualem Erbanteil und für die Überweisung neben Kontoinhaber und Kontoverbindung dessen Steueridentifikationsnummer und alle Personalausweisdaten. Aus technischen Gründen ist dort telefonisch niemand zu erreichen.
Wir haben uns ein Pflegeheim angesehen. Das war sehr informativ, hat aber auch zwei Stunden Zeit in Anspruch genommen.
Um 17:30 Uhr erreicht uns ein Anruf der deutschen Vermittlungsstelle. Igor kommt erst Sonntag früh. Also Pflegeheim informiert und erneut nach dem Pflegeprotokoll von Mittwoch Abend gefragt.
Wie geht es weiter?
Heinz hat schon mehrmals gesagt, dass er sich umbringen will. Nun ist der erste Versuch abgewendet worden. Außerdem wird er in den letzten Wochen häufig aggressiv. Wie kann das gedämpft werden?
Anfang der Woche, bzw. seit Ende letzter Woche stand Melporon im Raum. Davon haben wir jetzt auch eine Flasche. Was die Dosierung angeht, haben wir keine Info. Also lege ich nach Lesen des "Waschzettels" eine Dosis von 3 mal 5 ml fest. Tavor bekommen wir von der Ärztin des Pflegeheims rezeptiert. Aber das ist als Notfallmedikament gedacht, wenn Heinz sehr aggressiv wird.
Gegen 20:45 Uhr bekommen wir einen Anruf aus dem Pflegeheim. Ein Pfleger fragt nach, wann Heinz denn geholt würde. Es wäre ja für heute die Abholung erklärt worden.
Schatz berichtet von der Mail, die an fünf Leute im Pflegeheim gegangen ist. Auf der Station ist keine Info angekommen!
Morgen früh um 9:45 Uhr kommt Igor. Danach wird Heinz geholt. Hoffen wir, dass es länger gut geht.
Es überschlägt sich. Eigentlich sollte Igor am Samstag kommen. Freitag Abend kam dann die Nachricht, dass er erst Sonntag früh 9:45 Uhr kommt.
Also wieder alles neu.
Am 18.06. haben Schatz und ich Igor am Busterminal abgeholt. Der Bus hatte 45 min. Verspätung.
Erster Eindruck positiv. Igor spricht einigermaßen Deutsch, fragt nach, wenn er etwas nicht versteht und hat sein Wörterbuch griffbereit.
Gegen 10:20 Uhr fragt Sohn 2, wann wir wieder da wären. Es sei wichtig.
Auf meine Nachfrage erklärt er, dass er seit dem vergangenen Abend schlecht Luft bekommt (Asthma). Da Sohn 1 mit der Firma verreist ist, rate ich ihm, dessen Freundin anzurufen, damit sie mit ihm ins Krankenhaus fährt. Gegen 13:40 Uhr rufe ich ihn an. Er ist zu Hause. Er wollte der Freundin nicht zur Last fallen!
Also rufe ich sie an. Sie macht sich sofort auf den Weg und bringt Sohn 2 ins Krankenhaus.
Wir fahren zu Heinz nach Hause. Die Schwiegerfamilie ist da, hat aber Zeitnot, da sie eine Verabredung haben. Nach kurzem Hallo und Tschüss sind sie weg.
Wir zeigen Igor das Haus, Wir besprechen Medikamentengabe, Pflegedienst, Igor macht einen Tagesplan.
Er ist die Nacht im Bus durchgefahren, müde, hungrig.
Wir sind auch hungrig und essen gemeinsam gegen halb drei.
Danach fahren wir zum Pflegeheim und holen Heinz. Seine Hose ist schmutzig. Er ist eher misstrauisch, freut sich aber, dass er nach Hause kommt. Er hat ja viel Arbeit zuhause.
Auf der Fahrt sitze ich hinten neben ihm. Er lässt meine Hand nicht los. Mehrmals küsst er sie. Er schaut mich an und sagt: "Das Lächeln kenne ich."
Mit Igor hat er seine Schwierigkeiten: Den kenne ich nicht!
Igor ist prima! Als Heinz anfängt, gegen die Polacken zu schimpfen, wird Igor auf meine Anregung hin Norddeutscher aus Hamburg.
Als Heinz ihn fragt: Woher bist du denn?
Antwortet Igor: Aus Hamburg.
Heinz darauf: Bist du Türke?
Igor: Türken haben schwarze Haare, ich bin blond.
Darauf beruhigt sich Heinz. Als wir den Eindruck haben, dass wir die Beiden allein lassen können (es ist inzwischen 18:30 Uhr), fahren wir nach Hause.
Sohn 2 liegt auf der Couch und schläft. Als wir ihn wecken, gibt er nur wirres Zeug von sich. Also packe ich ihn ins Auto und wieder ins Krankenhaus, aus dem er sich gegen ärztlichen Rat selbst entlassen hatte.
Sie nehmen ihn auf. Bis alles geklärt ist, er alle Sachen hat und ich wieder zu Hause bin ist es 22:30 Uhr. Ich bin platt.
Während ich mit Sohn 2 beim Arzt in der Notaufnahme war, klingelte mein Telefon: Igor. Als ich zurückrufe, ist besetzt. Da hat er mit Schatz telefoniert.
Beim Abendessen eskalierte die Situation plötzlich. Heinz wurde erst mit Worten aggressiv, dann mit Fäusten. Igor packte ihn an den Handgelenken und sie wälzten sich auf dem Boden. Durch Heinz Schreie nach Polizei und Hilfe kamen die Nachbarn von gegenüber und halfen Igor, Heinz eine Notfalltablette (Tavor) zu geben.
Am nächsten Abend das gleiche. Der per E-Mail informierte Neurologe ordnete eine Verdopplung eines Medikaments an, dass Heinz entspannen und damit solche Situationen verhindern sollte. An den folgenden Tagen gab Igor auf unsere Weisung hin das Tavor schon zum Abendessen.
Dienstag waren Schwägerin und Schatz in Köln unterwegs: Amtsgericht, Beratungsstelle 1, 2 usw. Telefonate mit wer weiß wem.
Fazit: Bei Aggression sofort 112 wählen und Heinz in die geschlossene Psychiatrie einweisen lassen.
Eins der Gespräche war mit einer Dame der geschlossenen Psychiatrie. Sie empfahl ebenfalls die 112, aber sie wollte den Fall in der Morgenbesprechung am Mittwoch vorstellen und sich melden, falls Heinz noch nicht notfallmäßig aufgenommen wäre. Sie rief Mittwoch Vormittag Schatz an, dass Heinz am Donnerstag um 10 Uhr bei ihnen aufgenommen würde.
Donnerstag früh fuhr Schatz zu Heinz. Igor hatte einen Klinikkoffer gepackt. Schatz wollte erst mit Heinz auf den Friedhof und von da aus in die Klinik.
Heinz machte allen Plänen einen Strich durch die Rechnung. Er weigerte sich, mit Schatz zum Friedhof zu fahren.
"Mit solchen Leuten fahre ich nirgendwohin!"
Als Schatz vom Friedhof zurück war, weinte Heinz, er wäre so gern zum Friedhof gefahren. Er war sehr friedlich. Sogar das Reizwort Duschen hat er gelassen akzeptiert und sich von Igor duschen lassen. Also keine geschlossene Psychiatrie.
Gestern, Freitag, kam dann eine Mail von Igor. Er ist krank und hat nun die Nachricht bekommen, dass er vom 10. - 21. Juli in Polen eine Behandlung haben wird. Er müsse dann am 07.07. abreisen. Danach würde er gern wiederkommen.
Gestern haben wir in einem Pflegeheim die Zusage für ein Zimmer ab 07.07. bekommen. Allerdings ist es nicht unbedingt das Haus, in dem wir Heinz auf Dauer unterbringen möchten. Aber Igors Abreise lässt uns nun überlegen, ob nicht eine Unterbringung dort mehr Ruhe in Heinz Leben bringt und wir mehr Zeit haben, ein Pflegeheim zu suchen, welches unseren Vorstellungen besser entspricht.
Ansonsten stünden wiederholte Wechsel der Pflegeperson an, die Heinz jedesmal sehr strapazieren.
Wir werden morgen entscheiden, denn das Pflegeheim braucht unsere Unterlagen spätestens übermorgen, damit Heinz den Platz bekommt.
Heute waren wir den ganzen Tag mit Pflegeheim-Hopping beschäftigt.
Vormittags waren wir in Bornheim-Merten. Dort war Sommerfest. Leider kamen wir zu früh, alle Verantwortlichen waren im Gottesdienst. Also fuhren wir nach Wachtberg. Das Pflegeheim machte einen guten Eindruck. Sie haben auch eine geschützte Station für Demente. Wir durften uns alles ansehen. Eindruck sehr positiv. Tolle Lage, schöne Aussicht, schöne Anlage.
Zurück nach Merten. Auch dort durften wir uns die Demenzstation und den dazugehörigen Garten ansehen. Sehr positiver Eindruck.
Anschließend noch nach Nörvenich zur Residenz Burg Binsfeld. Internetpräsenz super. Preis eher günstig. Warum der Preis so günstig ist, haben wir vor Ort dann verstanden. Außen hui innen pfui trifft es ganz gut.
Gegen 16 Uhr wieder zu Hause. Erst mal alles sacken lassen. Später Telefonat mit der Schwägerin und ihrem Mann. Eigentlich wären sie auch für eine vorläufige Unterbringung in dem Pflegeheim, wo wir den Platz haben können. Sie machen sich aber Sorgen wegen der Kündigungsfrist.
Also sammele ich Informationen im Internet und schicke ihnen die Links. Man hat als Pflegeheimbewohner ein einmonatiges Kündigungsrecht. Es gibt ein Heimgesetz, in dem das festgeschrieben ist.
Morgen wollen wir entscheiden.
Weiter gehts.
Heute hatte Igor frei.
Er möchte jede Woche entweder Samstag oder Sonntag frei haben, so dass wir uns kümmern müssen. Heute war Schwägerin ab 9:00 Uhr bei Heinz. Dieser war den ganzen Tag recht umgänglich.
Gegen 19:00 Uhr kam Igor zurück und übernahm die Pflege.
Etwa um 22:20 Uhr schreibt Igor, dass Heinz wieder so aggressiv ist, dass er ihm Tavor gegeben hat.
Heute war meine Schwester hier und hat mit mir die Umschläge für die Danksagung beschriftet. Wir konnten viel reden, das hat mir geholfen. Als bei der letzen Karte die Trauer hochkam, hat sie mich aufgefangen.
Wir mussten heute entscheiden, ob wir Heinz ab 07.07. in ein Pflegeheim umziehen, das wir nicht als optimal empfinden oder ob wir Heinz erneute Pflegekraftwechsel in kurzer Zeit zumuten möchten.
Schlussendlich sind wir uns einig, dass ein nicht optimales Pflegeheim besser ist, als eine ständig wechselnde Pflegekraft. Jeder Wechsel in der Betreuung hat Heinz zurückgeworfen. Jedesmal waren weniger Erinnerungen und Bezugspunkte vorhanden. Das möchten wir ihm in der nächsten Zeit ersparen. Er soll zur Ruhe kommen, sich wieder sicher fühlen.
Wenn alles gut geht, wird er am 07.07. vollstationär in einem Pflegeheim aufgenommen.
Dennoch suchen wir weiter nach einer besseren Unterbringung für Heinz. Aber es ist (hoffentlich) ein wenig der Druck raus.
Warten wir ab, wie es weiter geht.
Nachdem wir gestern Abend dann einig waren, dass jetzt das Pflegeheim der nächste Schritt ist, haben wir den Aufnahmeantrag ausgefüllt, eingescannt und per Mail an das Pflegeheim geschickt, das leider etwa 20 km entfernt ist.
Heute früh habe ich dann noch den ausgefüllten Antrag zu dem Pflegeheim hier bei uns gebracht, damit wir dort auf die Warteliste kommen. Hier würden wir Heinz am liebsten unterbringen. Als ich den Umschlag an der Rezeption abgebe und sage, dass er für Frau "" in der Verwaltung ist, sagt die Dame: "Moment, dann gebe ich ihn ihr direkt", verschwindet ins Büro und kommt kurz darauf mit der Verwaltungs-Chefin wieder. Diese betrachtet mich einen Moment und erinnert sich wohl an unser Gespräch und die Besichtigung vor zehn Tagen.
Sie zögert, dann sagt sie: "Es ist gerade ein Platz frei geworden. Allerdings muss das Zimmer noch gesäubert und überprüft werden. Das dauert ein paar Tage."
Ich versichere ihr, dass das kein Problem ist, da zur Zeit eine Versorgung durch eine 24-Stundenkraft sichergestellt ist. Aber wir würden gern das Zimmer nehmen, da wir inzwischen der Meinung wären, dass es für Schwiegervater besser sei, in diesem anregenden Rahmen betreut zu werden.
Sie verspricht mir einen Anruf.
Auf der Arbeit schicke ich erst mal die Nachricht in unsere Familiengruppe. Alle sind begeistert und hoffen, dass es vor Igors Rückreise nach Polen nächste Woche klappt. Das war gegen 9:00 Uhr.
Kurz nach Zehn stellt mein Schwager eine Aufnahme vom Anrufbeantworter ein.
Das Pflegeheim: wir können das Zimmer haben und schön wäre, wenn morgen (!) der Einzug wäre. Sie hat dann auch noch Schatz angerufen, der einerseits gern das Zimmer akzeptiert hat, aber andererseits einen Einzug erst in ein paar Tagen für organisierbar hält. Auskunft, das ginge auch, aber wir müssten für die Zeit des Leerstands dann 100 €/Tag zahlen. Das haben wir zugesagt.
Morgen haben wir um 15:00 Uhr Termin, um alles weitere Organisatorische zu besprechen.
Also haben Schatz und ich uns die Listen vorgenommen, welche Papiere alles mitzubringen sind, diese kopiert, ausgefüllt und fertig gemacht. Es fehlt jetzt noch ein aktueller Rentenbescheid, der bei Schwägerin ist. Sie bringt ihn morgen mit, dann können wir den noch kopieren und haben bis auf das ärztliche Gutachten, die Kopie des Antrags auf Vollzeitpflege und eine von den behandelnden Ärzten aktualisierte Medikamentenliste alles zusammen.
Außerdem haben wir das andere Pflegeheim informiert, dass wir das Zimmer jetzt doch nicht nehmen und mit der Krankenkasse Kontakt aufgenommen, damit sie uns einen Antrag auf Vollzeitpflege zuschicken.
Am Donnerstag früh macht der Neurologe einen Hausbesuch. Da wird Schatz dann dabei sein und ihn auf die Medikamente und eine schriftliche Beurteilung ansprechen.
Alles sehr nerven-zehrend und anstrengend. Also diese Woche noch Umzug ins Pflegeheim.
Heute um 15:00 Uhr hatten wir den Termin im Pflegeheim zum Vertragsabschluss. Gefühlte hundert Blätter musste Schatz unterschreiben. Jetzt haben wir theoretisch zwei Wochen Zeit, alles gründlich zu lesen und vom Vertrag zurück zu treten.
Dann hatten wir natürlich noch viele Fragen. Die Dame war sehr nett und hat mit viel Geduld alle Fragen beantwortet, auch mehrmals, wenn etwas nicht auf Anhieb verstanden wurde.
Irgendwie sind wir alle völlig im Ausnahmezustand, aufnahmefähig wie Stein und mit einem Gedächtnis wie ein Sieb. Fast könnte man überlegen, ob wir nicht selbst einen Aufnahmeantrag stellen ;-)
Insgesamt waren wir etwa drei Stunden dort.
Jedenfalls wird Heinz Freitag dort einziehen.
Zuhause habe ich erst mal alles kopiert, damit Schwägerin auch alles hat. Dann waren wir noch kurz einkaufen und beim Chinesen Essen holen, weil wir abends bei Schwägerin verabredet waren, um die nächsten organisatorischen Schritte zu besprechen.
Wir überlegten was alles sofort getan werden muss:
Etwas mehr Zeit nehmen wir uns für die Frage, was mit Auto und Haus passiert. Allerdings müssen wir auch in nächster Zeit Wertsachen und Erinnerungsstücke aus dem Haus holen, da wir befürchten, dass schnell bekannt und sichtbar wird, dass das Haus unbewohnt ist. Wir möchten nicht riskieren, dass durch einen eventuellen Einbruch Wertgegenstände verschwinden oder Erinnerungsstücke zerstört werden.
Auch müssen wir für den Abriss der Taubenschläge und die Herrichtung des Gartens sorgen. Im Keller ist ein Feuchtigkeitsschaden, darum muss sich auch gekümmert werden. Die Heizung braucht eine Wartung. Was machen wir mit den ganzen Zimmerpflanzen?
Es wird immer mehr, je gründlicher man nachdenkt. Eigentlich hatten wir gehofft, dass jetzt wieder etwas mehr Ruhe in unsere Leben einkehrt, wenn Heinz gut versorgt ist. Aber es sieht noch nicht danach aus.
Heute war es dann soweit. Schwägerin und Schatz fuhren früh zu Heinz. Vorsorglich hatten wir Igor gesagt, dass er ihm morgens eine Tavor geben sollte, damit er sich nicht aufregt.
Als die Beiden dort ankommen, sind sie von der Wirkung entsetzt! Heinz ist nicht ansprechbar, kann sich nicht artikulieren und auch nicht selbständig laufen. Das hatten wir so nicht erwartet, da uns in irgendeinem der vielen Beratungsgespräche gesagt wurde, dass es auch kein Problem sei, wenn ältere Menschen es regelmäßig nehmen!
Gemeinsam trugen Igor und Schatz Heinz zum Auto und setzten ihn hinein. Dann fuhren sie auf den Friedhof, wo Heinz aber im Auto sitzen blieb (wir haben eine Genehmigung, mit dem Auto bis ans Grab zu fahren), während Schwägerin und Schatz Blumen gossen, eine neue Kerze aufstellten und den Blumenstrauß erneuerten. Anschließend trafen wir uns gegen 11 Uhr im Pflegeheim. Dort wurde Heinz von mehreren Pflegern und Pflegerinnen begrüßt und aufgrund seiner Sedierung erst einmal ins Bett verfrachtet.
Während Schwägerin und Schatz noch Sachen aus dem Auto holten, blieb ich bei Heinz, hielt seine Hand.
Er fragte mich: "Sind denn die Leute schon alle tot?"
"Welche Leute denn, Heinz?"
"Das hier ist ein Haus, wo die hingehen, die wissen, dass sie sterben. Die noch zwei oder drei Tage leben und dann sind sie tot!"
Ich drückte seine Hand und sagte: "Nein, das ist ein Haus zum Leben. Hier wohnen viele Menschen, die bei manchen Sachen Hilfe brauchen. Hier wird geholfen."
"Die sterben alle bald!" Er macht sich Sorgen, er hat Angst.
"Nein", sage ich. "Die leben hier."
"Aber die wissen, dass sie sterben."
"Jeder muss irgendwann sterben. Ich, du und jeder. Aber niemand weiß, wann das sein wird. Heute, morgen oder in vielen Jahren. Auch die, die hier wohnen, können noch viele Jahre leben."
So ging es immer weiter, bis die Anderen wieder da waren. Dann ging ich ins Büro, um den Antrag auf Vollzeitpflege zu zeigen und abstempeln zu lassen, damit wir ihn einreichen konnten.
Die beiden Damen waren sehr nett, wie bisher jeder, den wir dort kennen gelernt haben. Sie boten an, den Antrag gleich nach dem Stempeln zur Pflegekasse zu faxen, damit wir ihn nicht per Post schicken müssen. Das Faxprotokoll gaben sie mir auch gleich mit. Dann kam die Sprache auf das Gespräch mit dem sozialen Dienst, welches wir heute auch noch vereinbart hatten, damit wir dafür nicht wieder Urlaub nehmen müssen. Ich sagte, dass wir nicht wüssten, um welche Uhrzeit das stattfinden würde. Sofort wurde mit der zuständigen Dame telefoniert, um das abzuklären. Gegen viertel vor eins würde die Dame uns in Heinz Zimmer abholen. Beide wiesen noch darauf hin, dass wir auch an uns denken sollten und in der Cafeteria etwas essen sollten.
Oben erzählte ich den Beiden alles. Heinz wurde von einem Pfleger der Blutdruck gemessen. Alle Pflegepersonen haben sich uns und Heinz vorgestellt, wenn sie ins Zimmer kamen.
Vor der Zimmertür ist ein Namensschild, welches mit Heinz Namen versehen ist. Daran hing ein Schild mit einem Herzen aus Blumen und der Aufschrift: Herzlich willkommen. Das Zimmer ist direkt gegenüber vom Aufenthaltsraum, wo die Bewohner auch essen oder miteinander spielen oder reden. Direkt neben dem Aufenthaltsraum ist das Stationszimmer, wie man im Krankenhaus sagen würde. Wie es dort heißt, weiß ich noch nicht.
Wir sind dann in die Cafeteria. Es gibt jeden Tag zwei Essen zur Auswahl. Vorspeise, Hauptgang und Nachtisch. Sonntags gibt es nur ein Essen. Das Essen war noch nicht fertig - es wird dort frisch gekocht - so dass es uns zu lange Zeit in Anspruch nehmen würde. Wir haben einen Kaffee getrunken und sind dann wieder zu Heinz gegangen.
In der Zwischenzeit ist ihm wohl Blut abgenommen worden. Als wir kamen, hat gerade ein Pfleger seinen Blutdruck gemessen. Zwischenzeitlich war auch der Arzt da und hat sich die Akten mitgenommen. Dann wurde Heinz zum Wiegen abgeholt.
Mit den Medikamenten gab es irgendwie Missverständnisse. Wir hatten dem Pflegedienst ja extra Bescheid gegeben, dass er die Medikamente für die nächste Woche noch mitbringen soll. das ist auch geschehen und wir haben diese in den gelieferten Blistern mit ins Pflegeheim genommen. Auf jedem Abschnitt steht aufgedruckt: Patient, Tag, Uhrzeit und enthaltene Medikamente. Die Pflegerin auf Station meinte, dass sie geblisterte Medikamente nicht verwenden würden. Wir könnten sie wegwerfen. Später kam dann eine andere Dame, die sich auch den Dekubitus angesehen hat und sagte, dass diese Blister, da sie ausführlich beschriftet sind, durchaus verwendet werden können. Also habe wir ihr die Medikamente gegeben.
Zum Mittagessen wurde Heinz geholt und gefüttert - allerdings wird im Pflegeheim nicht das Wort "füttern" verwendet, sondern darreichen. Er hat die ihm dargereichte Mahlzeit gegessen.
Die Dame vom sozialen Dienst hat uns dann abgeholt.
Sie hat uns erzählt, was sie alles machen und uns einen Stapel Blätter zum Ausfüllen gegeben, die Heinz Biografie betreffen. Während wir bei ihr waren, kam ein Anruf, ob sie sich bitte um Heinz kümmern könnte, da er unruhig wäre. Sie sagte, dass sie gerade im Angehörigengespräch für Heinz wäre und organisierte jemand anders, der sich um Heinz kümmerte.
Es wurde uns dann erklärt, dass sie ein Vertrauensverhältnis zu ihm aufbauen werden. Dazu würde auch gehören, dass man sich irgendwann mit Vornamen anredet und duzt. Nicht alle Angehörigen wären da offen, aber sie sehen es als wichtig an, das Vertrauen zu gewinnen. Wir finden das sehr gut.
Wir gehen gemeinsam zu Heinz. Er sagt, dass er Hunger hat. Dabei hat er eben erst zu Mittag gegessen. Aber das ist kein Problem. Es wird ein großer Teller mit verschiedenem Obst, das in mundgerechte Stücke geschnitten ist, hergerichtet. Dann wollen die beiden Damen vom sozialen Dienst mit Heinz nach unten in den Garten. Auf dem Weg ist noch eine Bewohnerin, die auch raus möchte. Also wird sie kurzerhand mitgenommen. Inzwischen war es 14 Uhr. Wir wurden sanft hinauskomplimentiert.
Im Gespräch mit verschiedenen Damen wurden folgende Sachen erwähnt:
Wir sollten jetzt in der Eingewöhnungsphase erst mal nicht kommen.
Wir werden aber in den ersten zwei Wochen mit Berichten zu allem und jedem "zugeworfen" werden.
Sie haben die Erfahrung gemacht, dass die sedierenden Medikamente, die Heinz auch bekommt, für die Bewohner eher schlecht sind. Je weniger Medikamente, umso eher können die Bewohner eigene Entscheidungen treffen und fühlen sich wohler.
Jede Woche kommt der Hausarzt ins Heim.
Alle zwei Wochen kommt der Neurologe.
Mein Eindruck ist sehr gut. Es wurde betont, dass man sich um Heinz als Neuzugang in den nächsten Tagen verstärkt kümmern wird. Für heute, aufgrund der Neuaufnahme, war eine ständige Begleitung da, damit er nicht allein ist.
Jetzt muss erst mal Ruhe reinkommen. Gleichmäßige Tagesabläufe, Bezugspersonen, Mitbewohner.
Damit Heinz sich geborgen und aufgehoben fühlen kann. Gefühle sind ja inzwischen fast das Einzige, was ihm geblieben ist. Ich hoffe, dass er vergessen hat, dass er dachte, er wäre jetzt im Hospiz und würde nur noch zwei bis drei Tage leben. Das hat ihm heute früh echt zu schaffen gemacht.
Wir können jederzeit anrufen.
Das werden wir tun.