Heinz bei uns 4

Die dritte Woche ist vorbei. Bei jedem Toilettengang zeigen wir ihm den Weg. Am Esstisch hat er immer den gleichen Platz, den wir ihm jedesmal zeigen.

Ihm gegenüber sitzt normalerweise Sohn 2, der seit ein paar Wochen den Führerschein hat und oft die Fahrten mit Heinz übernimmt. 

Vorgestern war Sohn 2 nicht da. Aber Sohn 3 hatte Besuch von seinem Freund, der auch hier übernachtet hat. Die beiden sind etwa 5 Jahre jünger als Sohn 2.

Beim Abendessen saß also der Freund auf dem Platz, den sonst Sohn 2 einnimmt. Heinz ist an dem Abend sehr an Sohn 2 interessiert, er denkt, dass der Freund dieser ist.

Mit seinen Fragen nach Autofahren, Freundin, Rasieren verwirrt er den Jungen, der sowieso eher ruhig ist und treibt ihm die Röte ins Gesicht. Egal, wie oft wir darauf hinweisen, dass es nicht Sohn 2 ist, Heinz kann das nicht erfassen und befragt den Jungen weiter.

Zum Glück war das Essen irgendwann vorüber, so dass die Jungs aus dem Sichtfeld von Heinz verschwinden konnten. 

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Heinz bei uns 5

Vielleicht ist es nicht schlecht, mal aufzuschreiben, was Heinz schon alles verloren hat. 

Heinz ist inzwischen in einem Lebensstadium angekommen, als er noch nicht verheiratet war. Die Highlights seiner Erinnerung lassen ihn wissen, dass er verheiratet ist, aber er weiß nicht, wie seine Frau heißt.  Manchmal weiß er auch, dass er Kinder hat, aber Namen sind nicht mehr präsent.

 

Die motorische Demenz ist inzwischen so fortgeschritten, dass er sich nicht mehr ankleiden kann.

Bei angezogenen Sachen kann er keine Knöpfe und keine Reißverschlüsse selbständig schließen.

Außerdem kann er die Notwendigkeit des täglichen Wechselns der Unterwäsche und der Socken nicht nachvollziehen und muss dazu aufgefordert werden.

Bei der Körperpflege braucht er mindestens erst mal die Aufforderung dazu, dann die Anleitung und Assistenz, z.B. Anreichen der Seife beim Händewaschen oder Zahnpasta auf die Zahnbürste.

 

Er ist bisher noch nicht inkontinent, allerdings sind seine Toilettengänge mit Arbeit verbunden.

Man muss ihn bis zur Toilette geleiten (er stand schon in der Küche vor dem Herd und im Flur vor dem Garderobenschrank).

"Er pinkelt im Stehen, weil er ein Mann ist" (seine Aussage). Dumm nur, dass er nicht mehr zielen kann.

Boden, Wände, Toilette, Brille müssen jedesmal geputzt werden. Jedesmal. 5-6 mal täglich.

Meistens lebt er meiner Meinung nach in einer Zeit vor 1958, dem Jahr seiner Hochzeit.  

Manchmal scheint ihm bewusst, dass etwas fehlt. Dann fragt er, ob er verheiratet ist und ob er Kinder hat. Manchmal kennt er nur nicht die Namen und Gesichter, weiß aber, dass diese fehlen.

Leider ist er schon immer ein intoleranter Mensch mit fragwürdigen Überzeugungen z.B. bezüglich Ausländern und Hitler gewesen. Diese haben sich leider nicht gemildert, sondern sind mit der Krankheit gleichsam zementiert worden. Auch andere negative Persönlichkeitsmerkmale haben sich verstärkt.  Es war immer schwierig, mit ihm auszukommen, in seinen halbklaren Phasen ist es praktisch unmöglich. Er wird verbal und körperlich ausfallend. 

Am einfachsten sind die Zeiten, wo er nichts mehr weiß. Das ist schrecklich und obwohl er mich immer abgelehnt hat und ich ihm gegenüber sehr distanziert war, treibt es mir oft vor Mitleid die Tränen in die Augen. Selbst ein solches Ekel wie er hat es nicht verdient, alles, was sein Leben ausmacht, zu vergessen. Diese Krankheit ist entsetzlich. Niemand sollte das erleiden müssen.

 

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Heinz bei uns 6 (weg)

In der letzten Zeit war mein Schatz damit beschäftigt, Anträge zu stellen, Angebote einzuholen, mit dem Sozialdienst der Klinik und der Krankenkasse zu kommunizieren.

Er hat schon viel erreicht. Heinz soll in der Pflegestufe hochgestuft werden, Schwiegermutter soll sofort in Stufe 2 kommen. Der Umbau der Dusche (ebenerdig) ist in Arbeit, ein Pflegebett für Schwiegermutter ist geliefert und aufgebaut worden,  ein Treppenlift wurde installiert.

Gestern waren sie im Haus der Schwiegereltern. Leider war der Duschenumbau noch im Anfang. Heinz regte sich sehr auf, wurde aggressiv und laut. Er weigerte sich, mit ins Krankenhaus zu fahren und mit zu uns zu fahren. Er wäre der Boss und habe zu sagen! Nach langen Versuchen, Heinz zu beruhigen und dazu zu bewegen, mit zu fahren, hat Schatz nach unsäglichen Beschimpfungen Heinz allein zu Haus gelassen. 

Es gab nichts zu essen, kein Bett war gemacht. Die Medikamente waren bei uns, aber die nimmt Heinz auch nur nach Aufforderung.

Ich habe mir große Sorgen gemacht. Allerdings ist der Vorteil, dass Heinz in seinem Haus geboren wurde und nie anderswo gewohnt hat. Daher ist ihm die Umgebung immer noch vertraut.

Heute morgen war Schatz sehr früh da, weil das Bett und der Lift geliefert wurden. Heinz hat wohl im Fernsehsessel geschlafen. Er ging dann Einkaufen und kam mit ein paar Brötchen und drei Äpfeln wieder. Seine Strickjacke, die er gestern trug, hatte er heute mit der Knopfleiste auf dem Rücken an.

Heute war er immer noch sehr aggressiv und wollte wieder nicht mit, so dass Schatz ihn wieder allein zu Hause ließ.

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heinz (nicht mehr) bei uns 7

Heinz ist immer noch extrem aggressiv. Da morgen aber Schwiegermutter entlassen wird, waren Schatz und seine Schwester heute da und haben alles vorbereitet: Betten bezogen, eingekauft usw. Der Pflegedienst kommt leider erst Montag zum Erstgespräch. Also frühestens Dienstag wirklich zur Pflege.

Beim Erstgespräch soll mindestens eines der "Kinder" dabei sein. Da Schatz aber Sonntag für vier Tage nach München fährt, muss Schwägerin wohl oder übel da sein, was sie nicht unbedingt mit Freude aufgenommen hat.

Heinz wollte wieder nicht mit ins Krankenhaus und auch nicht mit zu uns. Also wieder Heinz allein zu Haus.

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