Domo arigato

Verkehrslärm und Kinderlachen erfüllten die Luft, als er sich durch die Tür der Ausländerbehörde quetschte. Sonnenstrahlen prickelten auf seiner Haut. Herrlich, diese Wärme nach den letzten Tagen, dachte er, während er Richtung Park schlenderte.

Einer mit Einkaufstaschen bepackten Mutter wich er aus: „…kein Eis mehr heute Abend, wenn Du jetzt nicht…“

 

Er blendete die Stimme der Frau aus, versuchte, den Gestank der Autos zu ignorieren. Endlich betrat er den Stadtgarten. Umfangen vom Duft frischgemähten Grases, knirschender Kies unter seinen Schuhen. Am Himmel vereinzelte Wolken. Seine Schultern lockerten sich, Schwung kam in seine Schritte.

 

„Ey, Schlitzauge!“

„Verpiss dich!“ Ein Rempler von hinten ließ ihn taumeln. „Geh hin, wo du herkommst!“

„Hier is Ungeziefer genug!“ grölte es rundum.

Eine Gruppe Glatzköpfe überragte ihn. „Ist gut, ist gut – ich gehe schon“, beschwichtigend die Hände erhoben, vermied er jeden Augenkontakt.

Ein Kerl mit Plauze schubste ihn: „Mach dich von hinne, du Wanze, sonst mach ich dich platt!“

 

Mit eingezogenem Kopf bewegte er sich langsam seitwärts aus dem Pulk, begleitet von Schmähungen. Ein paar Püffe, ein paar Schritte, er war raus.

Die Gruppe, gelangweilt, dass keine Gegenwehr zu finden war, zog randalierend fort: „Dem ham wers gezeigt! Hau bloß ab!“

 

Aufmerksam ging er weiter. Die Wolken wurden dichter, er fröstelte. Das Lärmen der Gruppe begleitete seinen Weg.

Auch andere Parkbesucher wichen auf Nebenwege aus: Ein Geschäftsmann mit fliegenden Mantelschlägen, eine junge Frau mit Kinderwagen kämpften sich über die Wiese.

 

„Wenn du angegriffen wirst, schließe deinen Gegner ins Herz“, er würde diesen Wahlspruch von O-Sensei Morihei Ueshiba stets beherzigen. Er fand in seine gewohnte Kokyū hō, eine Atemübung, um den Fluss des Ki positiv zu beeinflussen. Seine Sinne schärften sich, da ließ ihn eine Änderung in den Geräuschen der Bande aufhorchen. Er eilte einige Schritte vor, weil ein Magnolienbusch den Blick auf das Geschehen verwehrte.

 

Die Skinheads standen im Kreis, zwischen ihren Beschimpfungen waren jammernde Töne zu vernehmen. Aufmerksam näherte er sich.

Im Innern befand sich eine zierliche Joggerin mit Kopfhörern, die ihr um den Hals hingen.

Der feiste Kerl von vorhin versuchte, angefeuert von seinen Kameraden, ihr Oberteil zu zerreißen. „Verflixte Hure, hab dich nicht so!“

Das Mädchen wand sich und flehte: „Lass mich doch gehen. Ich sag auch niemand was.“

„Halts Maul! Zeig deine Titten!“ Der Dicke hob die Hand zum Schlag.

 

Ein forschender Blick in die Runde, er lief zu der Frau mit dem Kinderwagen: „Rufen Sie die Polizei! Ich werde versuchen, zu helfen!“ Zurück zur Gruppe, ein rascher Sprung brachte ihn in deren Mitte. „Lass sie in Ruhe!“

Lautes Johlen im Kreis. Der Angesprochene fuhr herum: „Da ist ja das Würstchen von eben. Na warte!“ Eine Faust fuhr mit Gewalt auf ihn nieder. Im nächsten Moment flog der Angreifer mit dem Gesicht in den Dreck, die angreifende Hand in die Höhe gedrückt und einen Fuß auf seinem Nacken.

Sirenengeheul näherte sich.

Die Glatzköpfe spritzten auseinander, das Mädchen kauerte weinend am Boden, die Hand auf der Wange.

„Du Arsch, lass mich los! Das wirst du büßen!“ Der Dicke versuchte, sich zu befreien.

Neben dem Opfer kniete die Frau mit dem Kinderwagen und umarmte es: „Es ist alles gut.“

 

Nachdem die Beamten den Täter festgenommen hatten, gratulierte einer dem Retter zu seiner Beherrschung des Aikido.

Die Joggerin legte die Hände zusammen, senkte den Kopf und wisperte: „Dōmo arigatō!“