Heinz bei uns 5

Vielleicht ist es nicht schlecht, mal aufzuschreiben, was Heinz schon alles verloren hat. 

Heinz ist inzwischen in einem Lebensstadium angekommen, als er noch nicht verheiratet war. Die Highlights seiner Erinnerung lassen ihn wissen, dass er verheiratet ist, aber er weiß nicht, wie seine Frau heißt.  Manchmal weiß er auch, dass er Kinder hat, aber Namen sind nicht mehr präsent.

 

Die motorische Demenz ist inzwischen so fortgeschritten, dass er sich nicht mehr ankleiden kann.

Bei angezogenen Sachen kann er keine Knöpfe und keine Reißverschlüsse selbständig schließen.

Außerdem kann er die Notwendigkeit des täglichen Wechselns der Unterwäsche und der Socken nicht nachvollziehen und muss dazu aufgefordert werden.

Bei der Körperpflege braucht er mindestens erst mal die Aufforderung dazu, dann die Anleitung und Assistenz, z.B. Anreichen der Seife beim Händewaschen oder Zahnpasta auf die Zahnbürste.

 

Er ist bisher noch nicht inkontinent, allerdings sind seine Toilettengänge mit Arbeit verbunden.

Man muss ihn bis zur Toilette geleiten (er stand schon in der Küche vor dem Herd und im Flur vor dem Garderobenschrank).

"Er pinkelt im Stehen, weil er ein Mann ist" (seine Aussage). Dumm nur, dass er nicht mehr zielen kann.

Boden, Wände, Toilette, Brille müssen jedesmal geputzt werden. Jedesmal. 5-6 mal täglich.

Meistens lebt er meiner Meinung nach in einer Zeit vor 1958, dem Jahr seiner Hochzeit.  

Manchmal scheint ihm bewusst, dass etwas fehlt. Dann fragt er, ob er verheiratet ist und ob er Kinder hat. Manchmal kennt er nur nicht die Namen und Gesichter, weiß aber, dass diese fehlen.

Leider ist er schon immer ein intoleranter Mensch mit fragwürdigen Überzeugungen z.B. bezüglich Ausländern und Hitler gewesen. Diese haben sich leider nicht gemildert, sondern sind mit der Krankheit gleichsam zementiert worden. Auch andere negative Persönlichkeitsmerkmale haben sich verstärkt.  Es war immer schwierig, mit ihm auszukommen, in seinen halbklaren Phasen ist es praktisch unmöglich. Er wird verbal und körperlich ausfallend. 

Am einfachsten sind die Zeiten, wo er nichts mehr weiß. Das ist schrecklich und obwohl er mich immer abgelehnt hat und ich ihm gegenüber sehr distanziert war, treibt es mir oft vor Mitleid die Tränen in die Augen. Selbst ein solches Ekel wie er hat es nicht verdient, alles, was sein Leben ausmacht, zu vergessen. Diese Krankheit ist entsetzlich. Niemand sollte das erleiden müssen.

 

Kommentar schreiben

Kommentare: 0