Wieder Heinz

Es überschlägt sich. Eigentlich sollte Igor am Samstag kommen. Freitag Abend kam dann die Nachricht, dass er erst Sonntag früh 9:45 Uhr kommt.

Also wieder alles neu.

Am 18.06. haben Schatz und ich Igor am Busterminal abgeholt. Der Bus hatte 45 min. Verspätung. 

Erster Eindruck positiv. Igor spricht einigermaßen Deutsch, fragt nach, wenn er etwas nicht versteht und hat sein Wörterbuch griffbereit.

Gegen 10:20 Uhr fragt Sohn 2, wann wir wieder da wären. Es sei wichtig.

Auf meine Nachfrage erklärt er, dass er seit dem vergangenen Abend schlecht Luft bekommt (Asthma).  Da Sohn 1 mit der Firma verreist ist, rate ich ihm, dessen Freundin anzurufen, damit sie mit ihm ins Krankenhaus fährt. Gegen 13:40 Uhr rufe ich ihn an. Er ist zu Hause. Er wollte der Freundin nicht zur Last fallen!

Also rufe ich sie an. Sie macht sich sofort auf den Weg und bringt Sohn 2 ins Krankenhaus. 

 

Wir fahren zu Heinz nach Hause. Die Schwiegerfamilie ist da, hat aber Zeitnot, da sie eine Verabredung haben. Nach kurzem Hallo und Tschüss sind sie weg.

Wir zeigen Igor das Haus, Wir besprechen Medikamentengabe, Pflegedienst, Igor macht einen Tagesplan. 

Er ist die Nacht im Bus durchgefahren, müde, hungrig.

Wir sind auch hungrig und essen gemeinsam gegen halb drei.

Danach fahren wir zum Pflegeheim und holen Heinz. Seine Hose ist schmutzig. Er ist eher misstrauisch, freut sich aber, dass er nach Hause kommt. Er hat ja viel Arbeit zuhause.

Auf der Fahrt sitze ich hinten neben ihm. Er lässt meine Hand nicht los. Mehrmals küsst er sie. Er schaut mich an und sagt: "Das Lächeln kenne ich."

Mit Igor hat er seine Schwierigkeiten: Den kenne ich nicht!

Igor ist prima! Als Heinz anfängt, gegen die Polacken zu schimpfen, wird Igor auf meine Anregung hin Norddeutscher aus Hamburg.

Als Heinz ihn fragt: Woher bist du denn?

Antwortet Igor: Aus Hamburg.

Heinz darauf: Bist du Türke?

Igor: Türken haben schwarze Haare, ich bin blond.

Darauf beruhigt sich Heinz. Als wir den Eindruck haben, dass wir die Beiden allein lassen können (es ist inzwischen 18:30 Uhr), fahren wir nach Hause.

 

Sohn 2 liegt auf der Couch und schläft. Als wir ihn wecken, gibt er nur wirres Zeug von sich. Also packe ich ihn ins Auto und wieder ins Krankenhaus, aus dem er sich gegen ärztlichen Rat selbst entlassen hatte.

Sie nehmen ihn auf. Bis alles geklärt ist, er alle Sachen hat und ich wieder zu Hause bin ist es 22:30 Uhr. Ich bin platt.

 

Während ich mit Sohn 2 beim Arzt in der Notaufnahme war, klingelte mein Telefon: Igor. Als ich zurückrufe, ist besetzt. Da hat er mit Schatz telefoniert.

 

Beim Abendessen eskalierte die Situation plötzlich. Heinz wurde erst mit Worten aggressiv, dann mit Fäusten. Igor packte ihn an den Handgelenken und sie wälzten sich auf dem Boden. Durch Heinz Schreie nach Polizei und Hilfe kamen die Nachbarn von gegenüber und halfen Igor, Heinz eine Notfalltablette (Tavor) zu geben.

Am nächsten Abend das gleiche. Der per E-Mail informierte Neurologe ordnete eine Verdopplung eines Medikaments an, dass Heinz entspannen und damit solche Situationen verhindern sollte. An den folgenden Tagen gab Igor auf unsere Weisung hin das Tavor schon zum Abendessen. 

Dienstag waren Schwägerin und Schatz in Köln unterwegs: Amtsgericht, Beratungsstelle 1, 2 usw. Telefonate mit wer weiß wem.

Fazit: Bei Aggression sofort 112 wählen und Heinz in die geschlossene Psychiatrie einweisen lassen.

Eins der Gespräche war mit einer Dame der geschlossenen Psychiatrie.  Sie empfahl ebenfalls die 112, aber sie wollte den Fall in der Morgenbesprechung am Mittwoch vorstellen und sich melden, falls Heinz noch nicht notfallmäßig aufgenommen wäre.  Sie rief Mittwoch Vormittag Schatz an, dass Heinz am Donnerstag um 10 Uhr bei ihnen aufgenommen würde.

Donnerstag früh fuhr Schatz zu Heinz. Igor hatte einen Klinikkoffer gepackt. Schatz wollte erst mit Heinz auf den Friedhof und von da aus in die Klinik.

Heinz machte allen Plänen einen Strich durch die Rechnung. Er weigerte sich, mit Schatz zum Friedhof zu fahren.

"Mit solchen Leuten fahre ich nirgendwohin!"

 

Als Schatz vom Friedhof zurück war, weinte Heinz, er wäre so gern zum Friedhof gefahren. Er war sehr friedlich. Sogar das Reizwort Duschen hat er gelassen akzeptiert und sich von Igor duschen lassen. Also keine geschlossene Psychiatrie.

 

Gestern, Freitag, kam dann eine Mail von Igor. Er ist krank und hat nun die Nachricht bekommen, dass er vom 10. - 21. Juli in Polen eine Behandlung haben wird. Er müsse dann am 07.07. abreisen. Danach würde er gern wiederkommen.

 

Gestern haben wir in einem Pflegeheim die Zusage für ein Zimmer ab 07.07. bekommen. Allerdings ist es nicht unbedingt das Haus, in dem wir Heinz auf Dauer unterbringen möchten. Aber Igors Abreise lässt uns nun überlegen, ob nicht eine Unterbringung dort mehr Ruhe in Heinz Leben bringt und wir mehr Zeit haben, ein Pflegeheim zu suchen, welches unseren Vorstellungen besser entspricht.

Ansonsten stünden wiederholte Wechsel der Pflegeperson an, die Heinz jedesmal sehr strapazieren.

Wir werden morgen entscheiden, denn das Pflegeheim braucht unsere Unterlagen spätestens übermorgen, damit Heinz den Platz bekommt.

 

 

 

 

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