Mutti wie sie leibt und lebt

Als ich zu Mutti kam, waren Schwester 3 und ihr Sohn schon da. Gerade war auch eine Schwester bei ihr und hat verschiedenes gemacht. Mutti scherzte mit ihr. Als die Schwester den Urinbeutel leerte, sagte sie, dass der Katheter noch bleiben würde.

Mutti meinte: Bis morgen?

Schwester: Nein - bis Montag.

Mutti: Da kann man ja noch mal verhandeln!

Schwester: Montag kann man noch mal verhandeln. Vorher nicht.

Das passte Mutti nicht wirklich, aber sie hat nichts mehr dazu gesagt.

Dann fragte sie die Schwester, wann der Sandsack weg käme. Den habe sie jetzt schon bestimmt eine Stunde auf der Schulter liegen!

Dieser Sandsack lag auf der Stelle, wo der temporäre Herzschrittmacher gesessen hatte und sollte die Wundränder zusammendrücken, damit keine Keime eindringen. So habe ich es jedenfalls aus den Erklärungen von Schwesterchen und Krankenschwester verstanden.

Mutti handelte, aber die Schwester meinte, sie müsse erst mal die Anweisungen der Ärztin dazu lesen. Als Mutti darauf beharrte, dass die Ärztin von einer halben Stunde gesprochen habe, meinte die Schwester, dass sie ihre Runde machen würde und danach käme der Sandsack weg. Das gefiel Mutti nicht.

Ein weiterer Punkt, über den sie sich beschwerte, war die Dekubitusmatratze.

Das wunderte mich schon, da sie nach dem ersten Aufenthalt auf der Intensivstation, wo sie auch so eine Matratze hatte, darauf bestanden hat, diese auch im normalen Zimmer zu haben. Als der Pfleger sagte, dass die meisten Patienten diese Matratze ablehnen und so schnell wie möglich loswerden wollen, erklärte Mutti, dass sie das als angenehm empfinden würde.

Heute aber nicht mehr! Diese Matratze wäre entsetzlich. Man könne sich nicht drehen oder wenden und wäre wie einbetoniert. Sie will eine normale Matratze haben - Punkt.

Kurz danach kam Schwester 2 mit Muttis Sachen, die sie alle mitgenommen hatte, als Mutti auf Intensiv kam. Sie hat alles gewaschen und auch den Kleinkram vom Nachttisch wieder mitgebracht. 

Schwester 3 hatte Muttis Zähne und eine kleine Uhr mit nach Hause genommen, um die Zähne gründlich zu reinigen, da sie stark angelaufen waren. Vorgestern hat sie Mutti die Zähne gebracht. Leider passen diese nicht mehr richtig, da der Kiefer in der kurzen Zeit schon geschrumpft ist. 

Die Uhr hat sie heute vergessen. Ein weiterer Punkt, den Mutti nicht gut fand. Auf der Intensivstation hing eine Uhr an der Wand, aber jetzt weiß sie ja gar nicht, wie die Zeit vergeht.

Kurz darauf verabschiedeten sich Schwester 3 und ihr Sohn. 

Mutti meckerte über die Schwester, dass sie nicht wieder käme, um ihr den Sandsack zu entfernen und ein neues Bett zu bringen.

 

Als ich ihr Grüße von verschiedenen Personen ausrichtete, fand sie immer wieder etwas zu meckern. 

Kurz, sie war in Meckerlaune. Nichts war ihr recht. 

Es geht ihr körperlich halt noch nicht gut und in ihrer Ungeduld projiziert sie das auf alles und jeden anderen. 

Bevor ich nach zwei Stunden nach Hause fuhr, hatte sie ein neues Bett und der Sandsack war entfernt. Alles wird gut, denke ich. Wer so viel Energie zum Meckern hat, der hat auch genug Energie, um wieder auf die Beine zu kommen.

 

Morgen fahre ich nicht hin. Vormittags kommt die neue Spülmaschine, dann muss ich mal Einkaufen und ein wenig Haushalt machen. Nachmittags fahren wir in Schwiegerelterns Haus, um Sperrmüll vorzubereiten und uns um den Garten zu kümmern. Jetzt wird es langsam Zeit, dass Schatz und Schwägerin sich überlegen, was mit dem Haus passieren soll. Bald kommt der Winter. So ein Haus braucht Pflege. 

Aber erst mal sind wir noch in die Vorbereitungen für die Beerdigung eingebunden. Heute haben Schatz und ich schon einmal über 30 Briefe fertig gemacht, die morgen zur Post gehen. Schwägerin macht dann den Rest. Dienstag haben wir das Trauergespräch mit Pater G. , der auch Evas Beisetzung geleitet hat. Wir sind froh, dass er auch nächsten Freitag Zeit hat, Heinz zu verabschieden.

Da wir seit heute auch die Sterbeurkunden haben, müssen wir uns nun mit den Versicherungen und Verträgen auseinandersetzen. Kranken- und Pflegekasse sind bereits informiert. 

So ein Tod ist nicht nur traurig, sondern auch viel Arbeit. 

Mal abwarten, was jetzt vom Amtsgericht kommt. Seit der Eröffnungsmitteilung des Erbverfahrens nach Evas Tod haben wir nichts mehr gehört. Jetzt hat sich ja noch einmal alles geändert, da Heinz als Nutznießer des Testaments nicht mehr da ist. Mal abwarten, aber die Mühlen des Gesetzes mahlen langsam.

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