Eva ist tot.
Schon seit Jahren war sie schwer krank. Aber niemand merkte es.
Eva war da. Immer lieb, interessiert, informiert. Sie redete gern. Sie erzählte unendlich viele Geschichten von früher, aber auch aktuelle Nachrichten und hatte eine Meinung dazu.
Sie war klug. Und lebenserfahren. Empathisch mit klarer Linie.
Bis vor etwa anderthalb Jahren war sie, seit ich sie kenne, immer die gleiche, gut aussehende Frau. Zwar übergewichtig, aber dafür faltenlos. Sie hatte kein einziges graues Haar und alle ihre Zähne und sah mindestens 20 Jahre jünger aus. Eva sah nicht nur so aus, sie war auch jung geblieben. Mit 80 Jahren fing sie wieder an, Auto zu fahren, nachdem Heinz den Führerschein abgeben musste. Sie hat jede Herausforderung angenommen und gemeistert, war dabei immer positiv.
Heinz Demenzerkrankung hat sie sehr belastet. Sie versuchte, es mit Humor zu überspielen, wenn er zu ihr sagte: "Das müssen Sie mir schriftlich zeigen, dass wir verheiratet sind."
Erst in den letzten anderthalb Jahren hat ihr Körper dann ihren Geist überflügelt. Er hat gezeigt, dass er nicht mehr kann. Immer wieder gab es Krankenhausaufenthalte. Nach und nach bekamen auch wir Kinder mit, welche Erkrankungen sie schon seit vielen Jahren vor uns verborgen hatte. Auch Ihr Körper baute nun ab. Ihr Kopf hingegen blieb klar und klug bis zuletzt. Die Sorge um ihre Familie und insbesondere um Heinz hat sie begleitet.
Als sie das letze Mal am 05. Mai ins Krankenhaus eingeliefert wurde, wusste sie, dass dies das Ende war. Die Ärzte waren bis zum Schluss optimistisch, dass sie es wieder schafft, aber Eva hatte ihren eigenen Kopf. Sie hat sich von allen, die sie besuchten, mit guten Ratschlägen oder Dankesbezeugungen verabschiedet. Sie hat klar gesagt, dass sie stirbt und ihrem Leben einen Abschluss gegeben. Nach einer Woche hatte sie alles erledigt und ging.
Uns allen tut es weh, dass Heinz meistens nichts mehr weiß. Einzig sein Vaterhaus, sein Haus in dem er geboren wurde, ist noch als Basiswissen vorhanden. Alles Andere ist weg. In wacheren Phasen erinnert er sich daran, dass seine Frau Eva, die er immer mit Mutter angesprochen hat, gestorben ist. Dann weint er. Das ist sehr schwer zu ertragen, weil er ein Mensch war, der niemals Emotionen gezeigt hat.
Morgen kommt nun der letzte schwere Gang, Evas Beerdigung.
Sie ist mit einem Lächeln gegangen, ihr Leben war gelebt und der Tod willkommen.
Wir werden weinen.
Ein wertvoller, liebenswerter Mensch hat uns verlassen und morgen geben wir sie endgültig ab. Das ist so schwer. Beerdigungen sind das Schwerste, finde ich. Sie markieren einen Schnitt - ab jetzt ist der geliebte Mensch nur noch Erinnerung, nicht mehr greifbar.
Mir fehlt sie, ein großes Loch in meinem Herzen.
Eva, Du warst die beste Schwiegermutter, ein wunderbarer, bewundernswerter Mensch und Du wirst mir fehlen, bis ich selbst sterbe und Dich wiedersehe.
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